Bernsteinfarbenes Gold
Das ist passiert:
Wegen eines Diebstahls ist ganz Kanada im Aufruhr. Insgesamt 20 Millionen Dollar, umgerechnet 15,3 Millionen Euro, ist die Beute der Gauner wert. Entwendet wurde aber nicht etwa ein kostbares Schmuckstück, sondern 5.000 Tonnen Ahornsirup! Was für die einen lediglich eine zuckrig-klebrige Flüssigkeit ist, entspricht in Kanada quasi dem Heiligen Gral. Manch Einheimische*r behauptet sogar, dass der bernsteinfarbene Sirup durch ihre*seine Adern fließt. Die Kanadier*innen lieben ihren Ahornsirup so sehr, dass sie mit rund 75 Prozent Marktanteil mit riesigem Abstand Weltmarktführer in Sachen Ahornsirup-Absatz geworden sind – und zudem die einzige strategische Sirup-Reserve der ganzen Welt haben. Kein Wunder: Das Geschäft rund um den Saft des Ahorns boomt. Allein in den vergangenen zwei Jahren ist die Nachfrage um fast 20 Prozent gestiegen. Ein halber Liter wird mittlerweile sogar für knapp 30 Euro verkauft und ist somit teurer als mancher Wein.

Nachvollziehbar also, dass die spurlos verschwundenen 5.000 Tonnen Ahornsirup einer „nationalen Katastrophe“ gleichen. Dass das Verschwinden überhaupt aufgefallen ist, war eher Glück: Viele Produzent*innen lagern ihre Fässer in den Hallen der FPAQ, der „Federation of Quebec Maple Syrup Producers“. Einmal im Jahr kontrolliert die stichprobenartig den Ahornsirup. 2012 fällt Michel Gauvreau bei einer solchen Inspektion auf, dass manche der Fässer leichter sind als andere – und Wasser anstelle von Sirup enthalten.
So ist es ausgegangen:
In den darauffolgenden Wochen und Monaten führt die kanadische Polizei fast 40 Razzien in den umliegenden Städten und sogar in den USA durch. Rund 250 Ermittler*innen befragen im Zuge dessen über 300 Zeug*innen. Die Gauner können wenig später gefasst werden: Richard Vallières und seiner Bande ist es bereits gelungen, diverse Mengen des ergaunerten Ahornsirups abzufüllen und sowohl auf legalem Weg als auch dem Schwarzmarkt teuer zu verkaufen.

Wie viel Gewinn sie damit insgesamt erzielen, wird später nicht bekannt. In Vallières eigene Tasche wandern aber, laut eigener Aussage, immerhin knapp 800.000 US-Dollar. Den bis dato noch nicht weiterverkauften Sirup kann die Polizei sicherstellen: immerhin 3.400 Tonnen. Wegen „gemeinschaftlicher Verschwörung, Diebstahl, Hehlerei und Betrug“ werden die Männer zu acht Jahren Haft verurteilt.
Du findest den Fall spannend? Glück gehabt! In der ersten Staffel der Netflix-Serie „Dirty Money – Geld regiert die Welt“ kannst du dir den ganzen Fall noch mal ansehen.