Hallo Philipp, ein Mitglied der FINTROPOLIS-Redaktion hat Anfang 2020 aus Spaß 100 Euro in Bitcoin angelegt. Einfach um zu schauen, was passiert. Aus den 100 Euro wurden zunächst mehr als 1.000, jetzt ist es noch knapp die Hälfte. Was immer noch ein recht beträchtlicher Gewinn ist.
Nicht umsonst sind Kryptowährungen für viele Anleger*innen so interessant, auch und gerade in Zeiten steigender Inflation. Natürlich kommt es auch auf die individuellen Anlagepräferenzen an, ob man sein Geld in Kryptowährungen stecken will. Objektiv gibt es aber derzeit viele gute Gründe, weiter in Bitcoin zu investieren.

Welche denn?
Bitcoin und Co. bieten die Möglichkeit, einen Wert über Raum und Zeit hinweg zu speichern – und zwar unbegrenzt. Diese Technologie hinter Kryptowährungen ist brillant, weil sie dezentral ist. Sie ist ganz pur, ohne irgendeine Rechtsform, Organisation oder Menschen, die sie dirigieren. So etwas hat die Welt noch nie gesehen, und viele verstehen das auch nicht richtig. Nichts und niemand kann die Blockchain-Technologie anhalten. Alle zehn Minuten spuckt sie einen neuen Block aus, es gibt keine einzige Sekunde Downtime, egal was rundherum passiert. Kein anderes IT-System der Welt hält derartigen Stress aus.

Und weil es so stressresistent ist, lohnt es sich, Geld hineinzustecken?
Es gibt keine Anzeichen dafür, dass irgendetwas dieser Technologie jemals Einhalt gebieten kann, sie verbreitet sich immer weiter. Das sieht man auch daran, dass die Deutsche Börse kürzlich die Schweizer Crypto Finance AG für einen hohen achtstelligen Betrag übernommen hat, das machen die ja nicht einfach so. Außerdem leisten Kryptowährungen einen erheblichen Beitrag zur sogenannten finanziellen Inklusion: Anders als andere Geldanlagen sind sie theoretisch allen Menschen weltweit niedrigschwellig zugänglich. Damit lässt sich Armut aktiv bekämpfen. Diesen Weg möchte El Salvador gehen: Das Land hat Bitcoin als offizielle Währung parallel zur Landeswährung zugelassen, alle Bürger*innen können daher ganz einfach eine Bezahl-App downloaden. Dazu gibt es umgerechnet 30 Dollar Startguthaben. Innerhalb kürzester Zeit werden also Hunderttausende künftig in El Salvador mit Bitcoin bezahlen. Über Kryptowährungen kann Geldanlage auch für die 1,7 Milliarden Menschen weltweit zugänglich werden, die keine Kund*innen einer Bank sein können.

Aber was ist mit den Kurskapriolen? Immerhin sind Kryptowährungen heftigen Schwankungen unterworfen. Da investiert man lieber nicht sein gesamtes Erspartes, oder?
Das sollte man ohnehin nie tun, das sagt ja schon eine alte Börsenweisheit (lacht). Spaß beiseite: Volatilität muss man als Anleger*in aushalten. Insgesamt spricht viel dafür, dass der Bitcoin-Kurs in Zukunft weiter steigt. Die Nachfrage nimmt zu, und das Angebot ist auf 21 Millionen maximal zu schürfenden Bitcoins begrenzt. Das hat der Erfinder Satoshi Nakamoto einmal so willkürlich festgelegt, und darauf einigen sich jetzt alle Computer. Entsprechend kann davon niemand mehr abweichen. Zudem gehe ich davon aus, dass die großen Risiken, die die Schwankungen hervorgerufen haben, nun ausgeräumt sind, diese werden also weniger werden.

Tatsächlich? Inwiefern?
Die Kursausschläge sind ja bei Kryptowährungen so signifikant, weil alle am selben System hängen, daher strahlt ein einzelnes Ereignis so schnell aus. Flach wird die Kurve also nie sein. Ich bin aber der Überzeugung, dass die Schwankungen in Zukunft nicht mehr so stark sein werden, denn die Risiken sind mittlerweile alle bekannt: Es wurde lange befürchtet, dass China seine Rechenpower abzieht – die lag anfangs bei 90 Prozent, später noch bei rund 60 Prozent. Das ist nun geschehen, China hat in mehreren Landesteilen seine Rechenzentren abgeschaltet, Banken dürfen dort nun keine Krypto-Dienstleistungen mehr anbieten. Der Bitcoin-Preis ist daraufhin runtergerauscht, das zentrale Risiko der Netzwerksicherheit dafür aber verschwunden.
Und was ist mit Tesla-Chef Elon Musk? Wenn er twittert, spielen die Kurse verrückt.
Auch das wissen wir mittlerweile. Erst hat er gekauft, dann wieder verkauft. Ein großer Schock ist da nicht mehr zu erwarten. Ein Problem beim Bitcoin ist dagegen der enorme Stromverbrauch. Aber auch der wird sich ein bisschen abschwächen, und dann wird der Preis wieder steigen.

Warum das denn?
Bei Bitcoin muss man genauer hinschauen: Etwa 60 Prozent des Stromverbrauchs kommen heute bereits aus alternativen Energiequellen, Tendenz steigend. Allerdings ist der hohe Energieverbrauch sozusagen ein Artefakt von Bitcoin. Bei Ethereum ist das anders: Hier gibt es eine Roadmap, den Softwarecode zu verändern. In einem Zeitraum von eineinhalb Jahren will Ethereum grün werden und nur noch einen niedrigen Stromverbrauch haben. Bei Bitcoin funktioniert das allerdings nicht, da das Netzwerk viel konservativer ist. Die Community ist relativ klein und es gibt keinen Leader, also auch niemanden, der einen Vorschlag machen wird, wie sich der Stromverbrauch in Zukunft reduzieren lässt. Alle haben viel zu große Angst davor, ein Update einzuspielen, da sie dem Netzwerk nicht schaden wollen. Auf der anderen Seite muss man auch sehen: Wenn es in El Salvador gelingt, über Bitcoin mehr Menschen Zugang zum Finanzmarkt zu verschaffen und sich so aktiv Armut bekämpfen lässt – was wiegt dann schwerer? Ein niedriger Stromverbrauch oder finanzielle Inklusion? Man könnte also auch sagen, dass der hohe Stromverbrauch bei Kryptowährungen einen nutzenstiftenden Gegenwert hat.
Ethereum ist das größte und innovativste IT-Ökosystem der Welt
Du hattest es gerade angesprochen: Neben Bitcoin gibt es noch viele weitere Kryptowährungen – beispielsweise Ethereum oder Ripple. Welches Potenzial haben diese?
Bitcoin ist ganz klar die Nummer Eins auf dem Markt, Ethereum Nummer Zwei: Rund 150.000 Programmierer*innen arbeiten jeden Tag daran, bei Bitcoin ist die Community dagegen relativ klein. Damit ist Ethereum ist das größte und innovativste IT-Ökosystem der Welt. Darüber hinaus gibt es viele weitere kleinere und unbedeutendere Kryptowährungen, die aber dennoch interessant sind. Überall sind bei diesen Währungen dezentrale Protokolle installiert, für Kreditsysteme und Handel unterschiedliche Smart-Contract-Plattformen oder NFT-Plattformen. Quasi im Monatsrhythmus entstehen neue Technologien. Das ist eine sehr spannende Entwicklung – die sich auch für Anleger*innen lohnen kann.
Lieber Philipp, vielen Dank für das Gespräch!