Kurz nach dem Aufstehen ein flüchtiger Blick aufs Smartphone: sechs Push-Notifications der News-Apps, elf WhatsApp-Nachrichten und die Leben im favorisierten Handy-Spiel sind auch wieder aufgeladen. Dieses Szenario kommt den meisten Menschen wahrscheinlich ziemlich bekannt vor. Kaum hat der Wecker geklingelt, richten wir unsere Aufmerksamkeit auf alles, nur nicht auf den Moment und uns selbst. Dabei ist dieses Verhalten gesundheitsschädigend und wirkt sich auf den ganzen Tag aus. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie des australischen Speakers und Trendforschers Michael McQueen.

Rund 40 Prozent der Deutschen schauen nach dem Aufstehen innerhalb von einer Viertelstunde auf das Handy – ohne darüber nachzudenken. Ein schon fast fremdbestimmtes Handeln, das sich auf den ganzen Tag auswirkt. Wer sich derartige Gewohnheiten abtrainieren will, braucht ein großes Maß an Selbstbeherrschung – und Achtsamkeit.
Die Philosophie sagt etwas anderes als der Duden
Der Begriff Achtsamkeit ist grundsätzlich erst einmal allen geläufig. Kindern wird gesagt, sie sollen beim Überqueren einer Straße achtsam sein oder achtsam mit ihrem Taschengeld umgehen. Es bedeutet also so viel wie vorausschauend und wohl überlegt, oder? Wenn es nach dem mehrfach ausgezeichneten Philosophen und Moderator Gert Scobel geht, lautet die Antwort auf diese Frage: Nein. Achtsamkeit bezieht sich nur auf die Gegenwart. „Achtsam zu sein, bedeutet, das Bewusstsein voll und ganz auf den gegenwärtigen Moment zu richten, ohne dabei zu urteilen“, sagt Scobel, „es ist sowas wie der maximale Realitätskontakt.“ Dabei fällt es den Menschen heutzutage schwerer als jemals zuvor, achtsam zu sein. Zum einen aufgrund von Alltagsbegleitern wie Smartphones, zum anderen wegen der Schnelllebigkeit der heutigen Welt. Aber auch besondere Charakteristika der Moderne, wie Profitmaximierung und ökonomisches Denken, stehen dem Konzept der Achtsamkeit gegenüber. Nichtsdestotrotz ist sie der Anstoß für erfolgreiche Transformationsprozesse, auch wenn das paradox klingen mag. Nicht umsonst wird die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit in der Gegenwart zu verankern, im Buddhismus als königlicher Geisteszustand gesehen.

Zukunft entsteht in der Gegenwart
Heutzutage ist Achtsamkeit eine Grundvoraussetzung, um wichtige Future-Skills zu fördern. Dazu gehören Agilität, Empathie und Kreativität. Regelmäßige Achtsamkeitsübungen regen Veränderungen im Gehirn an. Sie beleben die Neuroplastizität und fördern so die mentale Agilität. Das hilft den Lernenden, gewohnte Routinen und Verhaltensweisen zu durchbrechen. In Zeiten von disruptiven Ereignissen und des ständigen Wandels ist dies eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit. Darüber hinaus steigt die Konzentrationsfähigkeit, die Resilienz sowie die Veränderungsbereitschaft. Hierfür sind nur rund zehn Minuten am Tag nötig. Nach sechs bis acht Wochen beginnen sich die Gehirnbahnen zu verändern und erste positive Effekte sind spürbar. Außerdem kamen Studien zu dem Ergebnis, dass das achtsame Meditieren Einfluss auf die Hormonpegel im Blut nimmt und so den Stress reduziert. Vor allem die „Mindfulness-Based Stress Reduction“ (MBSR), die vom US-Mikrobiologen Jon Kabat-Zinn entwickelt wurde, verspricht positive Ergebnisse. Das Programm ist weltweit anerkannt und wissenschaftlich fundiert. Doch kann überhaupt jede*r Achtsamkeit erlernen?
Meditation – ganz ohne Hokuspokus
Der Buddhismus, dem das Konzept der Achtsamkeit entspringt, besagt: Jede*r trägt die Fähigkeit in sich, sie müsse nur trainiert werden – und das kann mithilfe von MBSR gelingen. Das Programm durchlebte einen wahren Hype, nach dem es Kabat-Zinn in den 1970er-Jahren entwickelt hatte. Überall auf der Welt gibt es seither ausgebildete Achtsamkeits-Coaches, die zu einem großen Teil auf dem Konzept des US-Wissenschaftlers beruhen. MBSR basiert auf fünf Säulen und dauert in der Regel sechs Wochen.

Beginnend mit dem „Body Scan“, in dem die Aufmerksamkeit nacheinander auf jeden einzelnen Bereich des Körpers gelegt wird. Während der „Sitz-Meditation“ geht es darum, jeden Atemzug achtsam wirken zu lassen, ohne dabei nachzudenken oder Gefühle zuzulassen. Ähnlich verhält es sich bei der „Geh-Meditation“. Hier wird der Fokus gänzlich auf die achtsame Wahrnehmung der Bewegungen gelegt – und nichts anderes. Dazu gehören noch verschiedene Yoga- und Atemübungen, die dabei helfen, Achtsamkeit zu erlernen und zu stärken.
Erfolge mit Achtsamkeit
Auch die ada-Fellows haben sich in den vergangenen Wochen mit Achtsamkeit beschäftigt. „Im Rahmen von ada haben wir tolle und einfach anwendbare Hacks und Tools für den (Arbeits-)Alltag kennengelernt, mit denen wir Achtsamkeit in unseren Alltag integrieren können“, sagt Eva. Dabei sei es besonders wichtig, sich selbst wahrzunehmen und seine persönlichen Ressourcen zu begreifen – denn sie sind endlich. „Wenn wir wertschätzend mit uns und unserer zeitlichen Ressource umgehen, können wir viel mehr erreichen und bleiben dabei auch viel mehr bei uns“, so die Fellowship-Teilnehmerin.
Die "Pomodoro-Technik"
Der Grundsatz der Pomodoro-Technik ist simpel: Phasen konzentrierter Arbeit wechseln sich mit kurzen und längeren Pausen ab. Dabei empfand der Erfinder Francesco Cirillo die Dauer von 25 Minuten ideal. Es ist zu wenig Zeit, um herumzutrödeln, aber mehr als ausreichend Zeit, um mit Aufgaben voranzukommen. Dabei stoppte der Italiener die Zeit mit einer Küchenuhr in Form einer Tomate (ital.: Pomodoro) – so kam es zu dem Namen.
Beispiel eines „Pomodoro-Zyklus“ (insgesamt 2:25 Stunden):
- Pomodoro 1
- 5 Minuten Pause
- Pomodoro 2
- 5 Minuten Pause
- Pomodoro 3
- 5 Minuten Pause
- Pomodoro 4
- 30 Minuten Pause
Vor allem in der heutigen, sich stets schneller drehenden Welt sei das ein Gut von unschätzbarem Wert, das sorg- und vor allem achtsam eingeteilt werden müsse. Und genau hierfür hat Eva auch noch einen spannenden Tipp parat: „Ich bin ein großer Fan der Pomodoro-Technik! Tagesaufgaben werden in 25-minütige „Pomodori“ aufgeteilt, dazwischen wird eine fünfminütige Pause eingelegt. Nach vier „Pomodori“ folgt eine längere Pause von rund 20 Minuten. So fällt es echt leicht, stets konzentriert und fokussiert zu bleiben – und es ist beeindruckend, was man so alles abarbeiten kann!“
Im neuen ada-Vlog erzählt Eva noch mehr über ihre Erfahrungen mit dem Modul Achtsamkeit. Außerdem spricht sie mit den beiden anderen ada-Fellows Benni und Meike über die Innovationsprojekte. Schaut gerne rein!