Der Programmierer Stefan Thomas ist ein sehr reicher Mann: Er besitzt rund 7.000 Bitcoins. Da ein Bitcoin nach aktuellem Stand rund 37.000 US-Dollar, also etwa 31.000 Euro wert ist, gehört ihm also ein ziemlich beachtliches Vermögen von 216 Millionen Euro. Eigentlich ein Grund zur Freude. Eigentlich.
Denn da gibt es ein klitzekleines Problem: Stefan Thomas kommt an sein Bitcoin-Vermögen nicht heran. Um auf den Kryptowährungsreichtum zugreifen zu können, braucht er verschiedene digitale Schlüssel – und die hat er auf einem Speicher namens „IronKey“ abgelegt.
Acht Mal probiert, acht Mal verweigert

Das Passwort für seinen „IronKey“hat er jedoch vergessen. Acht Mal hat er über die Jahre bereits verschiedene Passwort-Varianten ausprobiert, die typisch für ihn sind, acht Mal wurde seine Eingabe verweigert. Insgesamt hat er zehn Versuche, zwei Mal darf er also noch ein Passwort testen.
Doch es scheint nicht so, als wolle Stefan Thomas diese zwei Versuche nutzen; er hat wohl akzeptiert, dass er nicht mehr an den Code für seinen „IronKey“ – und an seine Bitcoin-Millionen – herankommt. Aber so spektakulär seine Geschichte auch klingen mag: Was ihm passiert ist, ist gar nicht so selten.
Nur ein Fall von vielen
Da wäre etwa Brad Yasar, ein Unternehmer aus Los Angeles, der Tausende Bitcoins besitzt – aber das dazugehörige Passwort vergessen hat. Er hat die Festplatten, auf denen die Bitcoins gespeichert sind, aus seinem Blickfeld verbannt. „Ich will nicht jeden Tag daran erinnert werden, was ich verloren habe“, sagt er.

Auch James Howells aus Wales hat sein Kryptowährungsvermögen verloren: 7.500 Bitcoins gehören ihm, das Passwort, das ihm den Zugang zu Millionen ermöglichen würde, war jedoch auf einer Festplatte in seinem Büro abgespeichert – und diese Festplatte wurde 2013 bei einer Reinigungsaktion entsorgt. Er will deswegen noch immer die lokale Mülldeponie durchsuchen, die Verantwortlichen verweigern ihm aber die Erlaubnis.
Rund 20 Prozent aller Bitcoins sind verloren
Howells, Yasar, Thomas und ihre verlorenen Millionenvermögen gingen durch die Presse – aber es gibt noch viele Tausende andere Bitcoin-Besitzende, die nicht mehr über ihr Geld verfügen können, etwa weil sie verstorben sind und keine Vorkehrungen bezüglich ihres Kryptovermögens getroffen haben oder eben weil sie ihr Passwort vergessen haben. Auf rund 20 Prozent aller bisher ausgegebenen und geschürften Bitcoins könne vermutlich nicht zugegriffen werden, so eine Experten-Schätzung.
Bei aktuell rund 18,5 Millionen Bitcoins, die sich im Umlauf befinden (rund 140 Milliarden Dollar, also ca. 115 Milliarden Euro) handelt es sich folglich um rund 23 Milliarden Euro, die verloren sind. Kein Wunder, dass Wallet Recovery Services – ein Anbieter, der sich aufs Knacken von Bitcoin-Passworten spezialisiert hat – mehr als 70 Hilfsanfragen pro Tag erhält.

Bitcoin-System soll möglichst unzugänglich sein
Doch tatsächlich ist es gerade bei Bitcoin-Konten enorm schwierig, ein einmal verlorenes Passwort wiederzuerlangen. Denn das ganze System der Kryptowährung beruht darauf, dass es möglichst unzugänglich ist. Gegründet wurde Bitcoin von dem sagenumwobenen Satoshi Nakamoto.
Der erklärte einst, die zentrale Idee der von ihm geschaffenen Kryptowährung sei es, jedem Menschen auf der Welt zu ermöglichen, ein eigenes digitales Bankkonto zu eröffnen und das Geld so zu lagern, dass keine Regierung und keine Organisation der Welt einfach darauf zugreifen könne.
Keine Möglichkeit, ein verlorenes Passwort wiederherzustellen
Konkret funktioniert das Ganze mit einem Netzwerk von Computern, die mithilfe einer sehr komplexen Software neue Bitcoins schaffen – und dazu einen individuellen Zugang (inklusive Passwort) für jeden Bitcoin-Besitzenden. Das Besondere: Sie können die Passwörter überprüfen, ohne die Zugangsdaten selbst zu kennen.

Das bringt viel Anonymität und Privatsphäre für die User, aber es bedeutet eben auch: Es gibt keine Möglichkeit, ein vergessenes Passwort neu zu erstellen, denn die Software kennt die verlorenen Zugangsdaten nicht. Da hilft nur: Alles versuchen, um das eigene Passwort nicht zu vergessen oder zu verlieren.
„Ich hoffe, andere können aus meinen Fehlern lernen“, sagt Beinahe-Bitcoin-Millionär Stefan Thomas dazu: „Ein Quäntchen Vorsicht hätte ein Jahrzehnt des Bedauerns verhindert.“ Um ihn muss man sich dennoch nicht allzu viele Sorgen machen: Er hat bzw. hatte weitere Bitcoin-Accounts – und von denen weiß er das Passwort noch.