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Sicherheit

Klimasünder Bitcoin: Wie schmutzig ist der Krypto-Coin?

Krypto-Assets wie der Bitcoin gelten als innovativ, doch ihr Ressourcenverbrauch ist enorm. Haben sie dennoch eine Zukunft?
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© Photo by taner ardalı on Unsplash
23.02.2022

Als Goldersatz spielen Krypto-Assets eine immer wichtigere Rolle an den Finanzmärkten, doch ihre Energiebilanz ist katastrophal. Ist eine Besserung möglich?

Mehr Geld für eine klimafreundlichere Wirtschaft – das ist das Ziel von Nachhaltigkeitskonzepten wie dem Sustainable Finance Plan oder dem Green Deal der EU. Mit ihrer Hilfe sollen die Finanzmärkte künftig zum „Enabler“ der grünen Transformation werden. Doch momentan läuft die Umsetzung nicht gerade rund. Sand im Getriebe ist zum Beispiel der Taxonomie-Streit, der Anfang Januar von der Europäischen Kommission angestoßen wurde und voraussichtlich mit einer grünen Klassifizierung von Atomenergie und Erdgas enden wird. Für die Glaubwürdigkeit des europäischen ESG-Labels ein klarer Verlust. Darüber hinaus hat die Finanzbranche in Sachen Green Finance aber noch ein anderes Problem: Den immensen CO2-Ausstoß von Krypto-Assets. Denn die beliebten Vermögenswerte benötigen riesige Rechenkapazitäten und damit entsprechend viel Strom.

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Bitcoin needs to be fixed!

Laut einer aktuellen Cambridge-Studie liegt der Stromverbrauch aller Bitcoin-Minern mittlerweile auf dem Niveau von Ländern wie Belgien oder Finnland. In der Republik Kosovo hat man das Mining der Währung deshalb bereits verboten. Dennoch ist der Bitcoin der mit Abstand größte CO2-Emittent unter den rund 17.000 existierenden Krypto-Assets. Neben der Beliebtheit des Bitcoins – 2021 machte er zwischen 70 und 40 Prozent der gesamten Krypto-Marktkapitalisierung aus – hat das vor allem mit seiner technischen Beschaffenheit zu tun. Denn für das Mining müssen Rechenaufgaben gelöst werden, die enorm viel Energie verbrauchen. Für viele Bitcoin-Anhänger*innen spielt das allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Begeistert von den großen Freiheitsversprechen der neuen Technologie träumen sie eher vom Umsturz der Zentralbanken oder der Demokratisierung des Geldes als von grünen Finanzen. Ihr Schlachtruf „bitcoin fixes this“ ist mittlerweile zu einer Ideologie geworden, die sich irgendwo zwischen religiösem Kult und ironischem Internet-Meme bewegt. Dass die Kryptowährung bisher allerdings weniger zur Weltrettung als zur anonymen Zahlung im Darknet eingesetzt wurde, blenden dabei viele der „Bitcoin-Jünger“ aus. Und an dem Problem hat sich bisher auch nur wenig geändert, wie ein aktueller Bericht der Datenplattform Chainanalysis zeigt. Laut ihm hat die mit Krypto-Assets finanzierte Cyber-Kriminalität 2021 ein Allzeithoch von 14 Milliarden US-Dollar erreicht.

02 2022 FINT Artikel Grüne Krypto Unsplash 12a5380b9c59 © Photo by Michal Matlon on Unsplash

Dreckige Darknet-Deals und Ressourcenverschwendung – für viele Großanlegende war das lange Zeit ein Grund den Bitcoin zu meiden. Doch angesichts steigender Inflations- und Zinsraten sowie einem zunehmend turbulenten Marktumfeld gewinnen die Krypto-Coins auch für sie immer mehr an Attraktivität. Ob als Ersatz für Gold oder Staatsanleihen – viele Anlegende sehen in Bitcoin und Co. mittlerweile einen beliebten Inflations-Hedge und Wertspeicher. Der Grund: Die Befürworter*innen nehmen an, dass Krypto-Assets nur eine geringe Kopplung an andere Vermögenswerte besitzen und ihr Kurs während einer Krise vom Gesamtmarkt weitestgehend unbeeinflusst bleibt. Laut einer Untersuchung von der US-Investmentbank Goldman Sachs nimmt die Zahl der Bitcoins in den Portfolios institutioneller Anleger deshalb kontinuierlich zu. In einem Artikel der „Financial Times“ schätze ein Analyst der Großbank kürzlich sogar, dass der Bitcoin rund 20 Prozent aller Investitionen in langfristige Wertanlagen („Store of Value“) ausmacht.

Ohne Transparenz keine Transformation

Ein großer Finanzmarkt-Player, der seit kurzem auf Bitcoins setzt, ist der Vermögensverwalter Fidelity. Das Unternehmen verwaltet seit Dezember 2021 einen börsengehandelten ETF, der direkt in das digitale Gold investiert. Die Nachfrage bei den Anlegenden ist groß, die ökologischen Bedenken halten sich dagegen in Grenzen. Das dürfte auch damit zu haben, dass sich die Krypto-Branche angesichts des Vorwurfs als Umweltsünder zunehmend um ein grünes Image bemüht. 2021 gingen dafür rund 200 Unternehmen aus der Krypto-Branche eine Vereinbarung mit dem amerikanischen Rocky Mountain Institut ein. Das Ziel der Kooperation mit der Umwelt-Organisation: Die bilanziellen CO2-Emissionen des Bitcoins bis 2030 auf null senken. Dafür will man unter dem Dach des sogenannten Crypto Climate Accord (CCA) die Umstellung auf Erneuerbare Energien vorantreiben und in den Kauf von CO2-Kompensationen einsteigen.

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Darüber hinaus haben sich die Unterzeichner auch auf die Entwicklung einer neuen Technologie zur besseren Messung des Bitcoin-Energieverbrauchs geeinigt. Eine wichtige Voraussetzung, um im nächsten Schritt die Dekarbonisierung mit entsprechenden Maßnahmen anzustoßen. Denn ohne Transparenz und eine Einigung auf allgemeine Standards ist eine Transformation nicht möglich. Wie schwierig ein solcher Prozess jedoch ist, zeigt der gegenwärtige Taxonomie-Streit sowie die ausufernden Reporting-Vorschriften für das neue ESG-Label der EU. Dennoch hat sich die CCA die Entwicklung entsprechender Labels vorgenommen und will zeitnah die Durchführung von ökologischen Audits bei Krypto-Assets ermöglichen.

02 2022 FINT Artikel Grüne Krypto Unsplash 2d0af3946fc5jpg © Photo by Alexander Schimmeck on Unsplash

Nur ambitioniertes Green-Washing?

Doch Stand jetzt gehen die Bemühungen der Krypto-Szene kaum über das Formulieren von Zielen und der Entwicklung einiger Öko-Labels hinaus. Klassisches Green-Washing statt echtem Umweltschutz? Eine berechtigte Frage, denn der Bitcoin als Haupt-Emittent verwendet für seine Verwaltung einen sogenannten Proof-of-Work-Mechanismus (PoW). Damit gemeint ist ein technisches System, das bei Transaktionen die korrekte Ausführung in den Büchern des dezentralen Bitcoin-Netzwerks sicherstellt. Eine Arbeit, die von den sogenannten Miner des Netzwerks ausgeführt wird und bei der sehr aufwendige Rechenaufgaben gelöst werden müssen. Die großen Energiemengen, die die Miner dafür einsetzen müssen, sind keine technische Notwendigkeit, sondern werden bewusst abverlangt, um der Währung einen Wert zu verleihen, der sich aus dem Aufwand ihrer Geldschöpfung speist. Schafft man den PoW-Mechanismus ab, könnte Bitcoin also deutlich an Wert verlieren.

02 2022 FINT Artikel Grüne Krypto Unsplash 640987bd484cjpg © Photo by Enrico Mantegazza on Unsplash

Neben dem PoW-Mechanismus gibt es allerdings auch noch andere Konsensmechanismen, wie „Proof of Stake“ oder „Proof of Space and Time“. Sie können auch ohne großen Energieaufwand eine ähnlich sichere Verwaltung garantieren, doch eine Umstellung gilt als umstritten. Die favorisierte Option zur Dekarbonisierung von Bitcoin lautet deshalb Grünstrom. Doch mit Blick auf die große Transformation dürfte diese Ressource bis aus weiteres sehr hart umkämpft sein. Und dass Grünstrom anstatt für Mobilität oder Wärme zuerst für den Betrieb eines digitalen Krypto-Coins eingesetzt wird, scheint nicht gerade plausibel. Eine andere Lösung für Anlegende von Krypto-Assets wäre die Verwendung von Coins mit dem Proof-of-Stake-Mechanismus, wie zum Beispiel Ethereum, da sie deutlich weniger Energie verbrauchen. Doch hier zeigen sich viele Investor*innen noch skeptisch, ob sie den Bitcoin in seiner Funktion als Hedge gegen Inflation und Zinsen wirklich ersetzen könnten. Das digitale Gold der Finanzmärkte dürfte deshalb bis auf Weiteres schmutzig bleiben.

23.02.2022