zurück zurück
JoinAda

Innovatives Denken: Mach‘ einfach mal

Innovation braucht nur bedingt Kreativität, viel wichtiger ist die Lust auf Veränderung – und der Freiraum, sich auszuprobieren.
2021 09 FINT Artikel ada Quer unsplash Fw F f Kj5t Bo
© Photo by Alice Dietrich on Unsplash
22.09.2021

Ob die drohende Klimakrise, der gesellschaftliche Wandel oder sich schnell wandelnde Bedarfe von Kund*innen: Die Welt und die Wirtschaft brauchen Innovationen. Doch welche Voraussetzungen müssen Unternehmen den Angestellten bieten, damit sich diese kreativ und innovativ entfalten können? Wie können sich Arbeitnehmer*innen aktiv an Innovationsprozessen beteiligen oder selbst Ideen entwickeln? Wir haben die Antworten.

Wer rastet, rostet – ein altes Sprichwort, das im Gegensatz zu einem ehemaligen Giganten seiner Branche immer noch Bestand hat. Die Rede ist von Kodak, dem US-amerikanischen Hersteller für fotografische Ausrüstung. Das Unternehmen besaß einst einen Marktanteil von 80 Prozent in den USA, 50 Prozent waren es weltweit. Der Umsatz fiel von rund 11,3 Milliarden US-Dollar innerhalb von 15 Jahren auf nur noch knapp eine Milliarde. Aber wie konnte es so weit kommen? Der ehemalige Quasi-Monopolist verschlief die Digitalisierung und den Aufstieg der Digitalkamera komplett. Schlimmer noch: Steven Sasson, ein Ingenieur, der für Kodak arbeitete, entwickelte 1975 die erste Digitalkamera und stellte sie seinen Chefs vor. Diese sollen sich laut ihm allerdings vor der Erfindung gefürchtet haben und sahen das Geschäftsmodell bedroht. Deshalb sollen sie ihn gebeten haben, die Entwicklung für sich zu behalten.

2021 09 FINT Artikel ada Quer unsplash 6 Cs X1n Nn HLU © Photo by Fernando Venzano on Unsplash

Der Rest ist Geschichte. Die Digitalkamera eroberte den Markt, der Untergang des Fotofilmherstellers begann. Dabei ist Kodak nur das prominenteste Beispiel. 88 Prozent der Fortune-500-Unternehmen von 1955 existierten 2015 nicht mehr. Diese Zahlen zeigen, dass einer ganzheitlichen Innovationskultur eine fundamentale Rolle zukommt. Heutzutage sind Innovationen sogar noch wichtiger, da sich die Bedarfe am Markt schneller ändern, disruptive Technologien rasant die Märkte erobern und Wettbewerber aus dem Boden sprießen. Nach Frederic Laloux, ehemaliger Partner der Unternehmensberatung McKinsey & Co. und heutiges Aushängeschild der New-Work-Bewegung, ist dieser Vorgang eine Art Evolution der Unternehmensform, da neue, erfolgreiche Unternehmen durch elementare Durchbrüche gekennzeichnet sind, die sie von ihren Vorgängern abhebt.

Eine gute Idee reicht oft nicht

Laloux hat die verschiedenen Ausprägungen der Innovationskultur in Organisationen in seinem Buch „Reinventing Organizations“ in fünf Kategorien gegliedert und ihnen Farbcodes zugewiesen. Hierbei wird deutlich, dass die Innovationskultur innerhalb einer Organisation maßgeblich vom Führungsstil abhängt. In autoritär geführten Unternehmen (rot), wie das Beispiel Kodak zeigt, entscheidet allein der „Machthaber“ über den Umgang mit Innovationen und Ideen. In „roten“ Organisationen ist es dementsprechend schwer, Neuerungen auf den Weg zu bringen und umzusetzen. Leichter fällt dies hingegen in „türkisen“ Unternehmen, die grundsätzlich experimentierfreudiger sind.

Grafik Ada LY2

Hier reichen oft wenige Unterstützer*innen, um neue Ideen voranzutreiben. In der modernen Wirtschaft sind die bernsteinfarbenen und orangenen Unternehmen am häufigsten vertreten – hier stehen der Leistungsgedanke und die Wirtschaftlichkeit im Fokus. Die Umsetzung von Ideen und Innovationen ist dort davon abhängig, ob sich deren Rentabilität beweisen lässt. Allerdings lässt sich die Wirtschaftlichkeit gerade bei disruptiven Ideen nur bedingt nachweisen. Aus diesem Grund fällt es diesen Unternehmen oft schwer, wirklich innovativ zu sein.

Freiraum bieten

Organisationen können aber dennoch Raum für Neuschöpfungen schaffen, indem sie Innovation-Labs oder Netzwerke gründen, denn nach Laloux waren die größten Errungenschaften der Menschheit erst durch organisierte Zusammenarbeit möglich. Damit bieten sie den Angestellten Freiheiten, sich unabhängig von Kennzahlen und Wirtschaftlichkeit auszuprobieren. Diese Freiheiten beinhalten auch das Zugeständnis, Fehler machen zu dürfen, die wiederum für konstruktives Feedback genutzt werden können. Außerdem sollten Organisationen schon beim Einstellungsprozess besonderen Wert auf Eigenschaften wie Neugier, Kreativität und Intrapreneurship – das unternehmerische und innovationsorientierte Verhalten von Mitarbeiter*innen innerhalb der Organisation – legen. Erfüllt die Organisation zumindest einige der Voraussetzungen, die innovatives Denken fördert, liegt es an den Arbeitnehmer*innen, Ideen zu entwickeln.

2021 09 FINT Artikel ada Quer pexels 2280571 © Photo by Chokniti Khongchum on Pexels

Innovativ kann jede*r

Dabei sind Ausreden wie „Aber ich bin doch so unkreativ“ unzulässig. Denn: Innovationen sind planbar und lassen sich in Prozessen herbeiführen. Ein Ansatz ist das sogenannte Design Thinking. Hier wird eine Idee aus drei Perspektiven betrachtet: die technologische Machbarkeit, die wirtschaftliche Tragfähigkeit und die menschliche Erwünschtheit. Um alle drei Betrachtungswinkel einzunehmen, bietet es sich an, den Innovationsprozess in sechs Phasen zu gliedern und diverse Teams zu bilden, da sie die globalisierte Gesellschaft besser widerspiegeln und grundlegend für einen ganzheitlichen Blick auf die Zielgruppe sind. Zunächst sollte für alle Beteiligten ein grundsätzliches Verständnis für das zu bewältigende Problem geschaffen werden. Anschließend richten sie den Blick auf die Zielgruppe, um deren Bedarfe zu verstehen und die Dienstleistung oder das Produkt aus Sicht der Nutzer*innen heraus zu entwickeln.

Einfach mal machen

Dabei sollten Fragen nach den Bedürfnissen, Sichtweisen und Emotionen der sogenannten Personas beantwortet werden, um zum nächsten Schritt überzugehen. Hier werden die beiden Perspektiven, die interne sowie die externe, zusammengeführt, um ein klares und praxisnahes Bild der Problemstellung zu bekommen. In der nächsten Phase ist alles erlaubt: Jetzt geht es darum, Ideen zu entwickeln, Fehler zu machen und den Gedanken freien Lauf lassen zu dürfen. Nichts ist verboten, nichts ist unmöglich. Dabei bieten sich Klassiker wie Brainstormings oder die 5W1H-Methode an, die auf Basis der in den ersten Schritten gewonnen Erkenntnissen die fünf W-Fragen sowie das „How?“ beantworten. In der letzten Phase geht es darum, Prototypen zu entwickeln. Sie wird als der „aktive Kern des kreativen Prozesses“ bezeichnet.

2021 09 FINT Artikel ada Hoch usnplash o8rnvk3g J Cg © Photo by Grianghraf on Unsplash

Auch hier gibt es verschiedene Methoden, die den Prozess greifbarer machen. Produkte können beispielsweise durch Bausteine oder Knete dargestellt werden, Dienstleistungen und Kundengespräche durch Rollenspiele, digitale Prototypen anhand von Mock-ups, also einem Vorführmodell. Im letzten Schritt wird das Ergebnis getestet, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Auf deren Basis können die Entwickler*innen das Produkt oder die Dienstleistung weiter verbessern oder zu dem Schluss kommen, dass der Prototyp nicht die gewünschte Lösung ist. Aber selbst das sollte die Innovator*innen nicht entmutigen, denn ein Fehlversuch ist immer noch besser, als Rost anzusetzen und von der Bildfläche zu verschwinden.

22.09.2021