Klimaassoziierte Naturkatastrophen nehmen seit Jahren zu. 1997 waren es noch 165, heute sind es schon 329. Das belegt ein Bericht der UN. Zusätzlich hat der Global Risk Report 2021 des Weltwirtschaftsforums das Versagen beim aktiven Klimaschutz – neben Pandemien – als die größte Gefahr für die Menschheit ausgemacht. Das hat auch Auswirkungen auf die Wirtschaft: Denn Erdbeben, Flutwellen und Waldbrände können Produktionsstätten zerstören und Lieferketten unterbrechen. Die Schäden durch Naturkatastrophen zwischen 2000 und 2019 betrugen 3,6 Billionen Euro – Tendenz steigend.

Tatsächlich ist das nur eine grobe Schätzung, da einige afrikanische und asiatische Länder, die besonders von Dürren, beziehungsweise Erd- und Seebeben betroffen sind, dahingehend keine Zahlen melden. Das Ausmaß ist so groß, dass mittlerweile viele Wirtschaftsexperten sogar schon einen eigenen Namen für solche schädlichen Naturkatastrophen haben: „Green Swan Events“. Sie sind vorherzusehen, basieren auf dem menschengemachten Klimawandel und werden mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten.
Ein aussichtsloser Kampf?
Um die Häufigkeit der Green Swan Events einzudämmen, ist ein globales Ziel definiert: Die Erderwärmung darf keinesfalls die Zwei-Grad-Marke übersteigen. Besser wäre sogar ein maximaler Temperaturanstieg um 1,5 Grad Celsius. Um dieses Ziel zu erreichen, strebt die Europäische Union die Klimaneutralität für europäische Unternehmen bis 2050 an. Doch die Zeit drängt: Im Vergleich zur vorindustriellen Zeit ist es heute bereits um circa 1,2 Grad wärmer. Eine Umfrage der Unternehmensberatung Deloitte unter 1.168 CFOs (Chief Financial Officers) europäischer Konzerne zeigt jedoch: Die bisher ergriffenen Maßnahmen der Unternehmen beschränken sich zum größten Teil auf kurzfristige Kosteneinsparungseffekte, wie die Steigerung der Energieeffizienz oder die Nutzung klimafreundlicherer Maschinen. Lediglich ein Drittel entwickelt neue, klimafreundlichere Produkte und Services. Die Ziele zur Einsparung von CO2-Emissionen stehen bei lediglich jedem zehnten Unternehmen im Einklang mit den Vorgaben des Pariser Klimaabkommens.

Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, spricht das Kernproblem in seinem 20-Punkte-Plan für den Klimaschutz an: „Viele Menschen, die von der Notwendigkeit des Klimaschutzes überzeugt sind, sehen in einer funktionierenden Wirtschaft eher ein Hindernis als eine Hilfe. Umgekehrt werden bei den Akteuren der Wirtschaft klimapolitische Maßnahmen oft nur unter dem Gesichtspunkt zusätzlicher Belastungen betrachtet.“ Selbstredend ist die Transformation zu einem klimaneutralen Unternehmen herausfordernd – bietet aber auch Chancen.
Die Chancen – und Risiken dürfen keine Rolle spielen
Um diese Chancen ergreifen zu können, bedarf es laut Prof. Dr. Joachim Weeber, Professor der Volkswirtschaftslehre an der Nordakademie Hochschule der Wirtschaft, „Investitionen zur nachhaltigen Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen.“ Vor allem Aufwendungen für erneuerbare Energien und energieeffiziente Immobilien sowie Produktionsprozesse würden einen vielversprechenden Anfang bedeuten. „Aber auch die Logistik muss sich neu erfinden, dabei sollten neue Lösungen entwickelt und in alternative Verfahren der Mobilität investiert werden“, sagt Weeber, „all dies erfordert allerdings erhebliche private Finanzmittel.“ Aufwendungen, die sich allerdings amortisieren werden. Durch die Steigerung der Energieeffizienz in Produktionsprozessen und Gebäuden sparen die Unternehmen langfristig große Summen ein. Firmen, die sich von den Vorteilen nicht überzeugen lassen, müssen zudem mit erheblichen Eingriffen in das eigene Geschäftsmodell rechnen.

So ist es beispielsweise gerade geschehen bei einem der größten Mineralöl- und Erdgasunternehmen der Welt: Shell wurde vor wenigen Wochen von Umweltaktivisten verklagt – und sie bekamen vor Gericht Recht. Das niederländische Unternehmen ist nun gezwungen, den Ausstoß von CO2-Emissionen bis 2030 um 45 Prozent zu verringern. Ein erheblicher Schlag für den Förderer fossiler Brennstoffe, der nun schnell handeln muss. Darüber hinaus ist die komplette Wirtschaft gewarnt: Weitere Klagen und politische Maßnahmen – wie Gesetze zum Klimaschutz – können und werden sicherlich folgen.
Die Wirtschaft steht in der Pflicht
Der Fall zeigt aber auch, dass nicht alle Unternehmen aus eigenem Antrieb den Umweltschutz zur Priorität machen. Deshalb üben in vielen Fällen die Stakeholder zunehmend Druck auf die Konzerne aus. Neben der Forderungen nach mehr Umweltbewusstsein seitens der Kunden knüpfen auch die Banken die Vergabe von Krediten zunehmend an ökologische Bedingungen. „Die Banken werden wohl eine kritische Bestandsaufnahme der bestehenden Kreditvergaben an emissionsintensive Firmen vornehmen müssen“, sagt Weeber.

Zusätzlich bilden sich Initiativen, die die Unternehmen in die Pflicht nehmen. Die „Climate Change 100+“ ist hierbei wohl die einflussreichste. Zu ihr gehören die finanzstärksten Investoren der Welt. Sie haben sich gegründet, um die größten Treibhaus-Emittenten zu aktivem Klimaschutz zu bewegen. Hierbei gibt es drei wesentliche Handlungsempfehlungen: Die Eindämmung der Emissionen, die Verbesserung der Unternehmensführung und ein transparentes Risikomanagement. Laut der Organisation soll es so möglich sein, den Klimawandel nicht nur zu managen, sondern ihn aktiv in neue Geschäftsmodelle einzubinden. Das biete die größtmögliche Chance, die Zahl der Green Swan Events künftig wieder einzudämmen.