1) Fliegen lernen in fintropolis
Sciene-Fiction ist wohl der erste Begriff, an den Betrachter*innen beim Blick auf dieses Gerät denken: der „ICAROS“-Virtual-Reality-Flugsimulator. Doch anstatt das Gefühl zu haben, in einem Cockpit zu sitzen, wie bei Flugsimulatoren sonst üblich, erleben die Nutzer*innen den Flug am eigenen Leib.
Möglich macht dies eine an einem Standbein befestigte Vorrichtung, die sich sowohl seitlich als auch auf- und ab bewegen kann. Die VR-Brille, die man beim „Flug“ trägt und das Headset tun ihr Übriges. Klingt nach einer lustigen Spielerei für Gaming-Fans – oder? Nicht nur, denn wirft man einen Blick auf die Website, stellt man schnell fest: „ICAROS“ gleicht eher einem hochmodernen Fitnessgerät als einer hoch entwickelten Spielekonsole.

Die Revolution der Fitnessindustrie?
Da die Anwender*innen während der Nutzung in einer Plank verharren, trainieren sie gleichzeitig ihre Balance und ihre Koordination. Also die perfekte Übung für Körper und Geist. Durch die Körperspannung, die man bei der Nutzung permanent halten muss, hat man letztlich das Gefühl zu fliegen. Ein Schnäppchen ist „ICAROS“ allerdings nicht. Im offiziellen Shop kann man das Gerät für 2.200 Euro erwerben. Also doch mehr Messe-Attraktion als Revolution des klassischen Heimtrainers? „Dass jeder Haushalt in fünf Jahren einen ICAROS im Wohnzimmer stehen hat, bezweifle ich. Bei VR-Brillen sieht das aber schon wieder anders aus“, prognostiziert Jan Sieche von TRENDONE. Schon jetzt seien zahlreiche Fitnessangebote speziell auf die Nutzung von Virtual-Reality-Brillen ausgelegt. In den USA ist man sogar schon so weit, VR-Brillen als offizielle Therapiemethode einzusetzen. Doch wozu dann das Ganze? „Bei VR geht es ja auch immer darum, die virtuelle Welt so erlebbar wie möglich zu machen. ‚Immersive‘ ist hier das Wort der Stunde. Und genau an diesem Punkt setzt der Flugsimulator an.“
Dazu eine Besucherin; „In meine Wohnung würde das Gerät jedenfalls nicht passen. Eigentlich schade, denn ich habe mich ein bisschen wie Superman gefühlt. Man hat tatsächlich das Gefühl, als würde man fliegen. Allerdings spüre ich jetzt auch Muskeln, von denen ich nicht wusste, dass ich sie habe.“
2) Kostbarer Kronleuchter
Das Herzstück der Expo ist gleichzeitig das unscheinbarste: Auf zwei mal zwei Metern steht hier eine Art verglaster Käfig, von dessen Decke eine große silberne Röhre hängt. Würde auf der Front nicht in großen Lettern „IBM Quantum“ stehen, könnte man die überdimensionale Kiste glatt für einen Dekorationsgegenstand halten. Wer sich jedoch ein wenig mit Technik auskennt oder das Wort „Quantum“ in den richtigen Zusammenhang bringt, sollte sofort ahnen, was sich hinter dem Exponat verbirgt.
„IBM Quantum System One“, verrät Petra Bührer von IBM, „Deutschlands erster kommerzieller Quantencomputer.“ Selbstverständlich wurde dieser aber nicht von Ehningen bei Stuttgart nach Düsseldorf gefahren – viel zu wertvoll ist die riesige Maschine. Deswegen wurde eigens für Kongresse und Messen eine Replik angefertigt. Ein iPad ermöglicht schließlich den Blick ins Innere der silbernen Röhre. Und was die fintropolis-Besucher*innen hier zu sehen bekommen, gleicht eher einer Zeitmaschine als einem Hochleistungs-Computer: Zahlreiche kleine Rohre, Kabel, Kistchen und Kästchen bilden in perfekter Symmetrie eine Art Kronleuchter – der Spitzname des Quantencomputers.

Sicherheit geht vor
Da stellt sich den Betrachter*innen meist direkt die Frage nach dem Warum. Denn natürlich ging es beim Bau des IBM Quantum System One nicht um Optik, sondern um Praktikabilität. Da jedes einzelne Bauteil äußerst sensibel ist, müssen sie so gut es geht vor Vibration geschützt werden. Darum hat man sich auch beim Glaskasten, der um den Quantencomputer errichtet wurde, nicht lumpen lassen: „Ich selbst habe erst von Kurzem erfahren, dass die Firma, die unseren Glaskäfig gebaut hat, auch für die Schutzscheibe vor der Mona Lisa verantwortlich ist. Und dass diese einiges aushalten kann, haben wir ja erst kürzlich bei dem Torten-Vorfall in Paris demonstriert bekommen“.
Klingt nach viel Aufwand für einen Computer. Was macht den IBM Quantum System One, neben seinem Wert also so besonders? Ein einfaches Beispiel: Würde man mit einem einfachen Computerprogramm versuchen, Passwörter zu knacken, würde es mehrere Millionen Jahre dauern, um alle möglichen Kombinationen durchzuspielen. Der Quantencomputer würde das wiederum innerhalb kurzer Zeit schaffen.
Die Forschung und Entwicklung haben hier also eine Möglichkeit geschaffen, um Prozesse, die sich im schlimmsten Fall über Jahre hinziehen würden, innerhalb kürzester Zeit zu durchlaufen. Da überrascht es nicht, dass vor allem die Automobilindustrie und der Bereich „Health Care“ besonderes Interesse an der Rechenleistung des IBM Quantum System One haben. „Es gibt schon einige Automobilhersteller, die den Quantencomputer für die Materialforschung nutzen, um beispielsweise langlebigere und effizientere Batterien herzustellen“, erzählt Petra Bührer. Doch auch für Unternehmen aus der Banking- und Finanzszene ist die Rechenleistung des Super-Computers durchaus spannend: „Man denke allein an Risikokalkulationen oder Stock-Option-Pricing. Themen, bei denen es sich durchaus lohnt, schnell zu sein. Der Quantum System One schafft hier für Unternehmen – oder in diesem Fall Banken – durchaus einen Wettbewerbsvorteil.“ Spannend – das fanden auch die Besucher*innen in fintropolis.
3) Der einarmige Künstler
Es ist das Exponat, das man am wenigsten auf einem Zukunftskongress wie fintropolis erwarten würde: Drei alte Schultische, die im Halbkreis aufgestellt sind. Bei näherer Betrachtung stellt man schnell fest: Auf der Tischplatte liegen Kugelschreiber-Zeichnungen – und zwar richtig gute! Den Künstler muss man nicht lange suchen: Er ist in Form eines Greifarms direkt am Tisch montiert.
Paul heißen die drei Roboter, die hier binnen 20 Minuten ein kleines Kunstwerk zaubern. Aber nicht etwa verträumte Landschaften oder schnöde Stillleben, sondern Porträts. Wie sie das machen, hat Peter Braun-Himmerich erklärt. In dessen Galerie „Dixit Algorizmi“ in Berlin-Mitte stehen die Roboter normalerweise – in Summe eigentlich fünf Stück. „Jeder Tisch beziehungsweise jeder Greifarm hat sein eigenes Auge. Das sind entweder alte Digitalkameras oder Web-Cams.“ Die Art der Kamera hat aber keine Auswirkung auf das Bild, verrät Braun-Himmerich. Dies hänge lediglich mit der Entfernung zusammen, in der der jeweilige Tisch zum Model steht. Auch, dass jeder Zeichen-Roboter quasi Linkshänder ist, die Greifarme also an der linken Tischseite befestigt sind, habe keinen Einfluss auf die Zeichnung.

Schöne Schnittstelle zwischen zeitgenössischer Kunst und Maschine
Beobachtet man die Zeichner eine Weile, fällt aber noch etwas anderes auf – und zwar die Art, wie sie zeichnen: Während das Porträt des ersten Paul sehr realistisch ist, scheint der zweite im direkten Vergleich deutlich weniger talentiert. „Der Künstler hinter dem Projekt hat sich Zeichenklassen zum Vorbild genommen. Während in diesen jede*r Schüler*in mehr oder weniger geschickt ist, sollten auch die Roboter unterschiedliche Talente haben. Wir sehen hier einen realistischen Zeichner, einen untalentierten und einen minimalistischen.“ Und tatsächlich: Während die ersten beiden mehr oder weniger direkt drauf los zeichnen, setzt der Dritte seine Striche mit sehr viel mehr Bedacht ein. Fast so, als würde er nachdenken. Ist hier etwa eine KI am Werk?
„Nein, um KI handelt es sich hier nicht“, korrigiert Peter Braun-Himmerich direkt. Die unterschiedlichen Talente seien den jeweiligen Robotern mittels verschiedener Parameter zugeordnet worden. Doch ob äußerst talentierte KI oder – wie nun in diesem Fall – spezielle Parameter: Die fintropolis-Gäste waren auch von diesem Exponat ziemlich fasziniert.