Wer Geld investiert, muss sich erst einmal informieren: Wo ist das Kapital am besten aufgehoben? Was bringt Rendite, aber wenig Risiko? Klingt einfach. Ist es aber nicht. Denn diese Hürde ist vielen schon zu hoch: Finanzwissen gehört nicht zum Lehrplan der Schulen und entsprechend mangelhaft sind die Kenntnisse, nicht nur die der jungen Generation. Bei der Recherche scheitern viele junge Menschen, belegt eine Studie des Fintech-Ökosystems finleap. Informationen rund um finanzielle Entscheidungsfindung sind zwar verfügbar, aber oft zu abstrakt für Gen Z – also diejenigen, die nach 1995 zur Welt gekommen sind.
Konzepte wie Zinseszins, Renditekurven, inflationsbereinigte Renditen, Steuervorteile beim Sparen und Investieren sind komplex. Damit beschäftigt sich fast niemand gern. Und wenn dann auch noch betont wird, wie wichtig langfristige Anlageziele sind, schreckt das die junge Generation weiter ab.

Begrenzte Erfahrungen in Finanzangelegenheiten und eine gewisse Risikoscheu attestiert auch eine Studie des Bankenverbandes der Gen Z. Den Autoren zufolge orientiert die Jugend sich an konservativen Werten und geht sehr vorsichtig vor. Am allerwichtigsten ist dieser Generation demzufolge eine sichere Geldanlage – die Höhe der Zinserträge ist dagegen nachrangig. Sicherheit geht der Gen Z also klar vor Rendite.
Zu zögerlich am Aktienmarkt
In mehreren Studien zeigt sich, dass das Anlageverhalten dieser Altersgruppe eher konservativ ist. Zu den Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anlagestrategie gehören, dass man lange dabeibleibt und bereit ist, ein gewisses Risiko einzugehen. Doch vor allem Letzteres sind viele junge Leute nicht: So sind bei ihnen nach wie vor Sparbuch und Tagesgeldkonto beliebt. „Nennenswerte Zinsen gibt es dort schon lange nicht mehr“, merkt Finanzexpertin und Buchautorin Jessica Schwarzer dazu an. „Wenn überhaupt, dann liefern diese Sparformen homöopathisch niedrige Renditen. Und nach Abzug der Inflation verlieren die Jugendlichen sogar Geld. Der Realzins ist negativ, die Kaufkraft ihres Ersparten sinkt.“
Depot statt Konto
Wer für das Alter sparen möchte, kommt um Aktien kaum herum. Gerade am Aktienmarkt aber ist die Generation Z zurückhaltend. Jessica Schwarzer ist dagegen von dieser Anlageform überzeugt: „Aktien bieten langfristig, das heißt auf Sicht von zehn oder mehr Jahren, durchschnittliche Renditen von sechs bis acht Prozent – so viel wie sonst keine Anlageklasse. Ein Teil des Ersparten sollte also meiner Meinung nach immer in Aktien investiert werden.“ In der Befragung „Aktienkultur in Deutschland 2020“ gaben 39 Prozent der 18- bis 24-Jährigen an, in Aktien, Fonds oder ETFs zu investieren. Das ist im Vergleich zum Vorjahr mit 26 Prozent ein erheblicher Sprung. Dennoch: Deutlich mehr junge Menschen haben mit 48 Prozent ein Sparbuch, 17 Prozent ein Tagesgeldkonto und 26 Prozent einen Bausparvertrag – nicht unbedingt die Renditebringer.

Damit befinden sich junge Investierende aber durchaus im Trend: Aktien werden in der deutschen Bevölkerung eher als Spekulationsobjekt (41 Prozent) denn als gute Geldanlage (34 Prozent) angesehen. Wertpapierbesitzer sehen das allerdings anders: Hier erkennen 57 Prozent eine gute Geldanlage in Aktien (Zahlen aus „Aktienkultur in Deutschland 2020“). Dazu passt, dass junge Menschen großen Wert auf die Beratung durch die Eltern legen – Simon Schnetzer bezeichnet die Eltern in seiner Jugendstudie „Junge Deutsche 2019“ als die Top-Influencer ihrer Kinder. Da insgesamt nur jeder fünfte Deutsche in Aktien investiert, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Eltern – und somit auch deren Kinder – nicht an der Börse aktiv sind.
Das Motto: Simplify your Finance
Komplexität ist laut Ramin Niroumand, Gründer und CEO Finleaps, das größte Hindernis für die Gen Z bei der Geldanlage. Finleap hat diese Generation befragt und mit ihr diskutiert. Sein Fazit: Für junge Anleger und Anlegerinnen müssen die Hürden niedrig sein, die Sprache einfach und komplexe Sachverhalte transparent. Ein positives Beispiel ist aus seiner Sicht: „Das Fintech Peaks bietet nachhaltige Investmentfonds an, strukturiert in vier Risikokategorien: „mild“, „würzig”, „scharf“ und „feurig”. Das macht die Wahl des Fonds in etwa so schwierig wie die Wahl der Soße beim Dönerkauf.“ Produkte müssen möglichst vertrauenswürdig und maßgeschneidert sein. Im Internet werden sie nicht fündig, so Ramin Niroumand. Die digitale Fülle an verschiedenen Finanzprodukten rufe Stress hervor, eine Entscheidung treffen zu müssen, falle schwer. „Und weil das unangenehm ist, wird diese Entscheidung verschoben – meist auf den Sankt-Nimmerleinstag.“
Fintechs wie Vivid oder Peaks, die Zahlungen aufrunden und dieses Geld nach einfachen Regeln investieren, kommen dagegen gut an. Nebenbei minimale Beträge anlegen, oft nachhaltig und ohne ausuferndes Finanzwissen, trifft den Nerv der Zeit. Dieser Wunsch nach Einfachheit könnte die Finanzwelt nachhaltig verändern, setzt diese sich doch mit ihren Derivaten und Konstruktionen oft so in Szene, dass eine Anlage ohne Beratung praktisch ausgeschlossen ist.

Moderne Fintech-Angebote und Neobanken wie die Tomorrow Bank starten oft mit einer nachhaltigen Anlagephilosophie und einem grünen Markenimage. Gerade bei der „Fridays for Future“-Generation kommt das gut an – obwohl sich die Gen Z bei der Geldanlage nicht ökologischer verhält als ihre Eltern. Die Bank Santander das Anlageverhalten der unterschiedlichen Generationen verglichen und kam zu einem erstaunlichen Ergebnis: Während gerade die über 55-Jährigen mit 53 Prozent bewusst darauf achten wollen, in klimafreundliche Geldanlagen zu investieren, sind es bei der 18- bis 24-Jährigen nur 45 Prozent. Der Grund dafür erschließt sich in der nächsten Frage: Die Hälfte der Jungen setzt Rendite über Umweltschutz, aber nur ein Drittel der Alten.
Beratung: digital und persönlich
Wenn schon die Anlageformen eher konservativ sind, dann ist doch die Transaktionsform der Jungen bestimmt smart und online? Auch das stimmt nur bedingt. Drei von fünf der 18- bis 24-Jährigen bevorzugen bei Finanzgeschäften lieber traditionelle Bankdienstleistungen als digitalen Komfort. „Das ist eine regelrechte Aufforderung an Banken, sich aktiv um diese Kundengruppe zu kümmern“, so Sean Harrison, Finanzanalyst bei GlobalData. Der Grund dafür sind vor allem Bedenken beim Datenschutz: „Einer der Gründe dafür ist die sehr reale Sorge der Generation Z um Online-Sicherheit und Datenschutz. 73 Prozent unserer Befragten gaben an, dass diese Faktoren für sie wichtiger sind als Bequemlichkeit und Geschwindigkeit“, so Harrison. Also hat die klassische Bankfiliale doch eine Zukunft? Es scheint zumindest so. Wenn denn die Banken sich mit ihren Produkten auf ihre junge Kundschaft einlassen und sie auf die Kundenwünsche Sicherheit, Einfachheit und Flexibilität entsprechend eingehen.