Es begann schon vor zwei Jahrzehnten: Im Jahr 2000 entstanden mehrere Bankenketten, die keine echten Filialen mehr hatten. Sie existierten nur noch digital – bei ihnen waren Überweisungen oder Daueraufträge ausschließlich über das Internet möglich. Dafür boten sie ihrer Kundschaft meist günstigere Preise.
All diese Online-Banken waren streng genommen Fintechs – also Unternehmen aus der Finanzbranche, die sich der neuen technischen Möglichkeiten bedienen und ihre Dienstleistungen eben damit abwickeln. Und sie sollten nur die Vorhut einer ganzen Reihe von neuen Fintech-Unternehmen sein.
Fintechs in allen Bereichen
Es waren nicht nur Banken, sondern auch Bezahldienstleister jeder Art, die ihre technischen Möglichkeiten nutzten und reine Digitalservices anboten. Auch Versicherungen, Handel und Risikomanagement wurden damit möglich gemacht. Und ein Großteil der Kundschaft nahm die Angebote der Fintechs dankbar an.
Das Ganze lief so gut, dass 2012 bereits rund elf Milliarden Pfund in Fintechs investiert wurden – 30 Prozent davon in Großbritannien. Auch die USA zeigten sich sehr offen gegenüber den neuen Unternehmen. In Europa und den USA wurden sie bald zu einem festen Bestandteil der Wirtschaft.
Afrika investiert massiv in Fintechs
Und nun steht den Fintechs der nächste große Sprung bevor: Auch in Afrika entstehen immer mehr dieser Start-ups. Allein im Jahr 2018 wurden hier fast 200 Millionen Dollar in inländische Fintechs investiert. Eine enorme Summe für den eher armen Kontinent – und ein Anschub für die gesamte Wirtschaft.
Tatsächlich gibt es gleich mehrere sehr vielversprechende afrikanische Fintechs. Sie sind teils erst wenige Monate alt, aber sie werden schon jetzt intensiv von der Kundschaft genutzt und gelten auch bei Investierenden als sehr begehrt. Dadurch können sie bereits auf eine beeindruckende Erfolgsgeschichte zurückblicken.
1) Cellulant
Das junge Unternehmen aus Uganda ist eines der erfolgreichsten afrikanischen Fintechs überhaupt: Es begann mit einer App, mit der Musiker ihre Songs anbieten konnten und dafür Geld erhielten. Mittlerweile hat sich der Funktionsumfang deutlich weiterentwickelt und umfasst nun zwei verschiedene Bezahlsysteme, mit denen die Menschen mobil Transaktionen abwickeln können. Außerdem beinhaltet es ein Blockchain-basiertes System, mit dem Bauern im ländlichen Afrika ihre Ware verkaufen können – auch ohne festes Bankkonto. Gegründet wurde es unter anderem von Bolaji Akinboro, der in Oxford studiert und danach für die Weltbank sowie Procter & Gamble gearbeitet hat – mit einem Startkapital von gerade mal 3.000 Dollar. Mittlerweile haben Investierende rund 54 Millionen Dollar in „Cellulant“ gesteckt.
2) Paga
In Afrika sind viele Menschen vom klassischen Bankensystem ausgeschlossen – auch weil sie zu weit weg von den Städten leben, um eine Filiale besuchen zu können. An sie richtet sich das nigerianische Fintech „Paga“ mit seiner App. Die beinhaltet nämlich „Paga Wallet“. In diesem digitalen Portemonnaie können die Nutzer ihr Geld von verschiedenen Konten und Anwendungen bündeln, aber auch Beträge verschicken und empfangen. Mittlerweile wird die App von 12,8 Millionen Menschen in Afrika genutzt, das Unternehmen hat rund 34,7 Millionen Dollar von Investierenden erhalten.
3) Branch
Einen Kredit beantragen? Das geht nur, wenn die Bank vorher einige Erkundungen über einen einziehen kann und sich rückversichert, dass sie ihr Geld auch irgendwann wieder zurückbekommt. Das geht nun mit dem Fintech „Branch“ – dessen App ermittelt Nutzerdaten aus dem Handy des Benutzers, etwa Kontakte, gespeicherte Bewegungsprotokolle und klassische Aspekte wie die Historie vergangener Rückzahlungen. Daraus entwickelt es dann die Kreditwürdigkeit des Users. Bisher haben schon drei Millionen Menschen die App benutzt, dadurch rund 350 Millionen US-Dollar in Krediten ausgezahlt bekommen – und das Fintech hat bisher schon 260 Millionen US-Dollar von Investoren einsammeln können.
4) MyBucks
Das Fintech mit dem deutlichen Namen („My Bucks“ bedeutet auf Deutsch etwa „Meine Moneten“) sorgt dafür, dass die Afrikaner ihr Geld verwalten können: Es ist eine virtuelle Bank, die allerdings noch diverse andere Dienstleistungen unter ihrem Dach vereint. So kann die Kundschaft sich bei „MyBucks“ auch versichern oder Mini-Kredite für edukative Zwecke beantragen. Das Unternehmen ist mittlerweile nicht nur in Afrika aktiv, sondern in weltweit elf Ländern (u. a. Luxemburg und Australien) – und dabei sogar noch an der Frankfurter Börse notiert.
5) Yoco
„Yoco" hat es sich zur Aufgabe gemacht, kleine Unternehmen in Afrika zu unterstützen und ihnen bei den Verkäufen zu helfen: Das Fintech bietet ein Kartenlesegerät für Kreditkarten und Debitkarten an, über das die kleinen Läden auch mobil kassieren können. Außerdem offeriert es die passende Software, Verkaufsplattformen und verschiedene Finanzierungsoptionen für die Geschäfte. Bisher hat das Fintech bereits 23 Millionen Dollar von Investierenden einsammeln können – kein Wunder, bei dem Mann, der dahintersteht: Katlego Maphai war früher Unternehmensberater und hat bei Rocket Internet gearbeitet, hat also beste Verbindungen.
Natürlich gibt es neben diesen fünf Fintechs noch viele andere afrikanische Start-ups, die kluge Köpfe an der Spitze haben und ganz neue, interessante Innovationen entwickeln. Sie alle haben einen riesigen Vorteil gegenüber anderen Fintechs: Sie haben eine große Masse an potenziellen Kunden. Ganz Afrika hat eine Bevölkerung von rund 1,2 Milliarden Menschen.
Deswegen lohnt es sich, den Blick für Fintech-Innovationen nach Afrika zu richten. Dort entwickelt sich die Szene rasant – und dürfte bald nicht mehr „nur“ für den inländischen Markt interessant sein. Ihre Ideen und Innovationen sollten auf der ganzen Welt zur Anwendung kommen und dort vermutlich genauso erfolgreich sein wie in Afrika selber.
