Kicker statt Kantine, Großraum- statt Einzelbüro, Popcorn statt Papierstau: Klingt nicht nach Büro, ist aber Standard in Coworking Spaces. Dort gehört die lockere Einrichtung zum Konzept. Hier können sich Freelancer einen Schreibtisch mieten und bekommen modern gestaltete Räumlichkeiten sowie Kollegen jenseits des eigenen Fachbereichs noch obendrein. Nicht nur für Selbstständige und digitale Nomaden ist das spannend. Auch Großkonzerne mieten hier für Projektgruppen, die zum Beispiel zeitlich befristet oder über Teamgrenzen hinweg arbeiten. Sie schätzen das Büro-Sharing aufgrund der Möglichkeit, frische Impulse aus dem heterogenen und flexiblen Arbeitsumfeld zu ziehen. Mitarbeiter dort können sich besser auf das Kerngeschäft konzentrieren, Projekte verlaufen beschleunigt und fokussierter.

Der Trend, Büroflächen zu teilen, kommt ursprünglich aus den USA. In den vergangenen Jahren sind aber auch in Deutschland Angebot und Nachfrage deutlich gestiegen. Die Online-Vergleichsplattform „Coworking Guide“ geht davon aus, dass es derzeit an mehr als 600 Standorten in der Bundesrepublik Coworking Spaces gibt. Besonders begehrt sind die flexiblen Büros in Berlin, dort können Interessenten aktuell zwischen rund 100 Angeboten wählen – und beinahe wöchentlich kommen neue hinzu. Der Markt der Flexible Workspaces, zu denen neben Coworking Spaces auch Business Center und Hybride Workspaces gehören, wächst in Deutschland rasant, vor allem die hybriden Modelle werden immer beliebter.
Flexible Workspaces
Während es traditionelle Business Center schon seit den 1980er Jahren gibt, sind Coworking Spaces und Hybride Workspaces noch junge Konzepte. Business Center bieten hochwertig ausgestattete Einzel- und Teambüros inklusive professionellem Büro-Service. In Coworking Spaces finden Mitglieder Arbeitsplätze in Open-Space-Bereichen. Eine Verbindung beider Modelle bezeichnet man als Hybride Workspace. Alle drei Konzepte unterscheiden sich deutlich in Größe, Standort, Preis und Community.
Einer der bekanntesten Anbieter dieses Mischkonzepts ist das US-amerikanische Unternehmen WeWork. Noch Anfang des Jahres war der Büroflächenvermieter eines der wertvollsten Start-ups der Wirtschaftsgeschichte – mit einer Bewertung von 47 Milliarden Dollar. Die fiel nach dem gescheiterten Börsengang im September allerdings rapide ab – auf acht Milliarden Dollar. CEO Adam Neumann musste gehen, der japanische Investor Softbank erwarb weitere Anteile und hält nun rund 80 Prozent des Start-ups.
Im Coworking steckt Potenzial
Dass das Unternehmen fast gescheitert ist, liegt vor allem am Missmanagement und an der Art, wie Investoren in den USA Start-ups bewerten – nicht aber am Geschäft selbst. Denn Flexible Workspaces haben das Potenzial, den Büromarkt grundlegend zu verändern. Das Konzept dahinter ist simpel: Unternehmen mieten freie Büroflächen an, die sie modern und zielgruppengerecht gestalten und anschließend an Firmen, Start-ups, Gründer oder Freelancer vermieten. Mit einem vergleichsweise geringen Investment können neue Player am Markt also schnell Fuß fassen.

Ein Unternehmen, das damit Erfolg hat, ist die International Workplace Group (IWG). Deren Tochterfirmen Regus, HQ, No18 und Spaces betreiben weltweit Business Center und Coworking Spaces an 3.300 Standorten. Im vergangenen Jahr machte die Gruppe mehr als 130 Millionen Dollar Gewinn.
Wie Banken Coworking nutzen können
Warum funktioniert das Konzept? Normalerweise lohnt es sich für Firmen nicht, Mietverträge mit sehr kurzen Laufzeiten abzuschließen. Gerade für Start-ups, die noch keine langfristige Planungssicherheit haben, sind Flexible Workspaces deshalb praktisch: Kosten für Möbel, WLAN, Drucker und Co. entfallen oder sind günstiger.
Flexible Projektteams, die Integration externer Mitarbeiter und digitale Lösungen sorgen dafür, dass der Flächenbedarf variiert. Deshalb entscheiden sich immer mehr Unternehmen dafür, sich in gemeinsam genutzte Büros einzumieten. Sie profitieren auch von der Community. Im Austausch mit deren Mitgliedern erhalten sie neue Impulse und finden vielleicht sogar neue Mitarbeiter – Stichwort Recruiting.

Auch für Banken lohnt es sich, Büroflächen in Coworking Spaces anzumieten. So nutzt zum Beispiel die Royal Bank of Canada (RBC) die Zusammenarbeit mit WeWork, um mit ihren Beratern näher am Geschäftskunden zu sein. Das ermöglicht eine enge Zusammenarbeit: Die Bankberater können Unternehmern sofort Lösungen aufzeigen – ohne vorherige Terminvereinbarung. Durch das bunt gemischte Umfeld können zudem leichter neue Märkte identifiziert und erschlossen werden. Auch die Sparda-Bank Berlin hat ein spannendes Projekt gestartet: Im Frühjahr 2019 wurde in Frankfurt/Oder ein Coworking-Areal aufgebaut, in das eine Bankfiliale integriert ist. Für Kundengespräche trifft man sich sowohl in Büros als auch an der Kaffeebar. Die Mitarbeiter der Sparda-Bank teilen sich zusammen mit den anderen Mitgliedern der Community die vorhandenen Arbeitsflächen. Dadurch können sich Menschen unterschiedlicher Profession austauschen, sich gegenseitig inspirieren und miteinander arbeiten. Ein weiterer Vorteil: „Durch das Coworking können Banken weiter an Standorten präsent sein, an denen sie ihre Filiale sonst womöglich schließen müssten“, erklärt Stanley Fuls, Architekt und Leiter des Projekts, im Tagesspiegel.
Für Finanzinstitute bieten sich also mehrere Optionen, um vom Coworking zu profitieren:
- Die Kreativität und Effektivität der eigenen Mitarbeiter durch das inspirierende und heterogene Arbeitsumfeld steigern.
- Leerstehende Flächen nutzen und das Geschäftsmodell mit eigenen Workspaces sinnvoll erweitern.
- Näher am potenziellen Kunden sein und neue Märkte erschließen.