Wer gelegentlich Taxi fährt, kennt die Szene: „Ich würde gerne mit Karte zahlen“, kündigt der Gast frisch-fröhlich an. Reaktion vom Fahrersitz: Augenrollen und Stöhnen. Das Lesegerät ist wahlweise „kaputt“ oder „im Kofferraum“, die Karte „kostet Extra-Gebühr“ oder es schallt ganz einfach „geht nur in bar“ durchs Taxi. Die Karten-Wüste Deutschland offenbart sich nirgendwo so drastisch wie im Taxi, das man nicht per App bestellt.
Aber ist Bares wirklich noch Wahres? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Der Zeitgeist spricht gegen Scheine und Münzen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) liebäugelt mit Strafzinsen für Bargeldabhebungen, die Europäische Zentralbank (EZB) hat den 500-Euro-Schein abgeschafft, auch der Bankenverband stellt die Sinnhaftigkeit von Barzahlungen schon mal in Frage. Bargeld-Freunde wiederum verweisen auf die größere Freiheit und fürchten bei vollelektronischer Zahlung die totale Überwachung.
Fakt: Der Cash-Anteil an den Zahlungen sinkt. Transaktionen in Deutschland werden immer mehr durch „Mobile Payment“-Lösungen abgewickelt. Smartphone, Kreditkarte und Onlineshopping machen Bargeld zunehmend überflüssig. Laut einer Untersuchung des Handelsforschungsinstituts EHI haben Verbraucher 2018 in deutschen Geschäften erstmals mehr Geld per Karte ausgegeben als in bar. Allerdings kann sich über die Hälfte der Deutschen noch immer nicht vorstellen, auf Bargeld zu verzichten.

In anderen Ländern wie dem bargeldlosen Musterland Schweden wird bereits offen über eine Abschaffung diskutiert. Als diese Debatte 2016 innerhalb der EU angestoßen wurde, war der Aufschrei in Deutschland groß. Noch mehr an Cash hängen unsere Nachbarn in Österreich, wo überwältigende 90 Prozent der Bürger laut einer Studie darauf nicht verzichten wollen und mehrere Parteien das Bargeld sogar in der Verfassung verankern wollen.
Doch was spricht für, was gegen Bargeld? Welche Argumente sind im Umlauf?
Contra: Bargeld begünstigt Kriminalität
Kriminelle nutzen die Anonymität des Bargeldes für ihre illegalen Machenschaften. Das ist beispielsweise für den US-Ökonom Kenneth Rogoff, einem prominenten Bargeldkritiker, ein entscheidendes Argument. Gebe es kein Bargeld mehr, würde man damit die Grundlage für anonyme Zahlungen entziehen und beispielsweise Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung und Korruption erschweren, wenn nicht sogar verhindern. Für Geldwäsche gelte das Gleiche.
Contra: Bargeld entzieht sich den Notenbanken
Notenbanken hätten ohne Bargeld, so Rogoff, einen stärkeren Einfluss auf den Geldfluss und könnten mit ihren Instrumenten besser intervenieren. Denn aktuell können Zentralbanken die Kurse der Schatzanweisungen nicht weit unter Null fallen lassen, weil die Menschen noch die Option hätten, Bargeldvermögen zu halten. Damit würden sie sich den negativen Zinsen entziehen.
Contra: Bargeld kostet Geld
Bargeld ist für die Finanzbranche teuer, was den damaligen Chef der Deutschen Bank, John Cryant 2016 zu der Aussage bewog: „Bargeld ist einfach schrecklich ineffizient.“ Seine Prognose: In zehn Jahren werde es „wahrscheinlich nicht mehr existieren“. So zahlen Finanzinstitute beispielsweise für Transport und Aufbewahrung von Bargeld, für Aufstellung und Überwachung von Geldautomaten. Natürlich haben auch Druck und Material ihren Preis.
Contra: …und Aufwand
Bargeld kostet mehr Zeit und Mühe als eine Karte. Verbraucher müssen sich regelmäßig mit Scheinen versorgen, oft fallen Abhebungsgebühren an, weil die richtige Bank nicht um die Ecke ist. Zu viel Geld will man aus Sicherheitsgründen meist nicht abheben, also steht zwei Tage später der nächste Gang zum Automaten an.
Pro: Bargeld gibt Freiheit
Kritiker einer bargeldlosen Ökonomie fürchten unter anderem den Verlust der Privatsphäre, sobald alle Transaktionen nur noch digital ablaufen. Denn – so die Argumentation – ohne Bargeld hätten Banken, Staaten und andere, die auf unsere Daten zugreifen könnten, einen tiefen Einblick in unser Leben. Damit wüssten Dritte etwa stets, wann und was wir kaufen, und mit etwas Interpretation könnten sie auch unseren Alltag und gleich unser ganzes Leben rekonstruieren.
Pro: Bargeld trotzt Krise
Das zweite Argument aus diesen Reihen lautet oft: Bargeld ermögliche eine gewisse Unabhängigkeit von Banken, denn wir könnten damit unser Geld jederzeit abheben und der Bank entziehen. Auf diese Weise könnten sich Verbraucher auch vor Negativzinsen schützen, die ihr Geld dahinschmelzen lassen würden. Was Kenneth Rogoff als Punkt gegen Bargeld sieht, lässt sich also auch anders interpretieren.

Pro: Bargeld ist der letzte Hort in der Krise
Ein weiteres Argument für Bargeld, das sich aus Sicht der Finanzbranche ins Negative drehen lässt: In Finanzkrisen wie 2008 bleibt den Kunden als letztes Mittel, um ihre Ersparnisse in Sicherheit zu bringen, die Barauszahlung. Es kommt zum so genannten Bank Run, also zum Ansturm auf die Bank. Die Kreditinstitute sehen einen solchen naturgemäß nicht gerne, weil Panikreaktionen die Folge sind.
Das Fazit
Sowohl die Bestrebungen der Politik als auch der Finanzbranche gehen in Richtung bargeldloses Zahlen. Es ist auch die kostengünstigste und sicherste Option. Dazu kommen als Beschleuniger technologische Entwicklungen, die das Bargeld stetig antiquierter aussehen lassen. Bis wir endgültig darauf verzichten werden, dürfte es allerdings eine Zeit dauern. Schwedischen Verhältnisse werden noch auf sich warten lassen.