Und wie sieht es im Jahr 2022 aus? Einige Studien beschäftigen sich mit dem Status Quo der Digitalisierung der Unternehmen. Viele beschreiben ein düsteres Bild. Deutschland verschläft die digitale Transformation, könnte man meinen. Auch die Finanzbranche, obwohl sie in den meisten Branchenvergleichsrankings vorn liegt. Das Digitalszenario: Traditionelle Banken würden von reinen Digitalbanken ohne belastende Filialstruktur verdrängt. Wer sich nicht schleunigst komplett digitalisiere, sei bald Geschichte.
Digitalisierung kein Grund für Bankenwechsel
Auch wenn sich alle einig sind, dass die Zukunft der Bank durchgehend digital sein wird, gilt es Ruhe zu bewahren. Zwar müssen Finanzdienstleister Prozesse vereinfachen, Kosten senken und das Kundenerlebnis verbessern. Es gibt aber auch Studien, die – zumindest für Deutschland – ein nicht ganz so pessimistisches Bild zeichnen. Zwar bezweifeln auch diese nicht, dass Finanzdienstleister auf die Digitalisierungstube drücken sollten, aber sie bewerten den Digitalisierungsstatus aus Sicht der Kunden. Und durch deren Brille gibt es für klassische Finanzdienstleister zwar genügend Warnsignale, doch Bankkunden in Deutschland sind laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Publicis Sapient noch weitgehend zufrieden mit ihren Finanzinstituten. Fast drei Viertel der Befragten sehen bisher keinen Anlass, in nächster Zeit die Bank zu wechseln. Trotzdem wünschen auch sie sich bessere digitale Kundenerlebnisse: zum Beispiel kontaktlose Bezahloptionen, personalisierte Inhalte oder individuelle Beratung.

Verbraucher vertrauen traditionellen Banken
Der aktuelle „Global Future of Financial Services Report 2022“ des Markt- und Meinungsforschungsinstituts YouGov zeigt, dass der Trend zu Online-Banking, kontaktlosen Dienstleistungen und Direktbanken ungebremst anhält. Banken sollten daher die Möglichkeit nutzen, das vorhandene Kundenvertrauen auszuweiten, auf neue Online-Angebote zu übertragen und somit im Rahmen der rasanten Digitalisierung weiterhin eine signifikante Rolle zu spielen. Noch fährt der digitale Zug in Schrittgeschwindigkeit und Finanzdienstleister können gefahrlos aufspringen. Manche vor Jahren als reif angepriesene Digitallösung hat erst in jüngster Zeit die Reife erreicht, um sie wirklich flächendeckend und nutzbringend einzusetzen. Die Bank der Zukunft stellt sich radikal kundenzentriert auf. Sie entwickelt nicht länger vorpaketierte Finanzprodukte, denn heute dreht sich alles um die Frage: Was brauchen die Kunden, was wollen sie und für welchen Kunden ist welches Finanzprodukt das passende? Um diese Fragen zu beantworten, müssen bei den Finanzdienstleistern „alle Prozesse auf den Kunden ausgerichtet und vollständig digitalisiert oder zumindest digital unterstützt sein“, empfiehlt Professor Jürgen Moormann von der Frankfurt School of Finance & Management.
Digitalisierung gibt es nicht aus dem Regal
Digitalisierung gibt es aber nicht als fertig geschnürtes Paket aus dem Regal. Die digitale Transformation braucht IT- und Kommunikationslösungen, die auf die unterschiedlichen Anforderungen der Unternehmen und Märkte zugeschnitten sind. Und die einzelnen Lösungen sollten aufeinander abgestimmt sein. Ansonsten entsteht ein Sammelsurium an digitalen Lösungen, unter der viele Unternehmen schon einmal in den Anfängen der IT gelitten haben. Ein Beispiel dafür sind Lösungen rund um die Nutzung von Daten. Die Basis digitaler Zukunftsvisionen sind Daten, auf deren Basis sich zahlreiche Geschäftsprozesse optimieren lassen. Banken haben einen besonders guten Zugang zu Daten dem „digitalen Gold“. Es hilft Unternehmen jedoch wenig, wenn Daten in digitalen Datenarchiven verkümmern oder nur einzelne Abteilungen Daten für ihre Zwecke analysieren und sie nicht geschäftsprozessübergreifend zur Verfügung stehen.

Wenn Unternehmen ihre vorhandenen Datenbestände zusammenführen, mit frei zugänglichen unstrukturierten Daten anreichern und mit Smart-Data-Analysen auswerten, lassen sich Prozesse optimieren, Kunden gewinnen und halten oder neue Geschäftsfelder entwickeln. Die Technologien dafür sind Data Analytics, Künstliche Intelligenz, Cloud Anwendungen und Robotic Process Automation. Ein wichtiger Baustein der Digitalisierung sind zudem Partnerschaften zwischen etablierten Unternehmen und Start-ups, die mit ihren digitalen Ideen und Lösungen vorhandene IT-Lösungen ergänzen. Entscheidend für einen gewinnbringenden Einsatz dieser Lösungen ist eine passende Auswahl durch einen Partner, der Branchen- und Technologiekompetenz vereint. In der Finanzbranche spielen innovative Fintechs eine wichtige Rolle, aber ebenso Unternehmen mit Fokus auf Data Analytics und Prozessoptimierung. Im Rahmen des Start-up-Programms TechBoost bringt die Telekom durch Startup Scouting und digitale Innovationsworkshops Unternehmen mit den richtigen Tech-Startups zusammen. Aktuell unterstützt das TechBoost-Programm rund 600 B2B Startups, deren Portfolio von Künstlicher Intelligenz über Data Analytics bis hin zu Security reicht.
Finanzinstitute im Visier von Cyberkriminellen
Mit der digitalen Transformation einher geht auch das Thema Cybersecurity als Querschnittsherausforderung. „Sehr groß und sehr präsent ist die Gefahr, dass Unternehmen des Finanzsektors Opfer von Cyberangriffen werden oder dass es dort zu internen IT-Sicherheitsvorfällen kommt“, sagte der Mark Branson, Präsident der BaFin, anlässlich der Jahrespressekonferenz Anfang Mai 2022. Fast täglich werden Finanzinstitute von Cyberkriminellen angegriffen. Schon im Februar hatte die EZB-Chefbankenaufseher Andrea Enria vor verstärkten Cyberattacken auf Finanzinstitute gewarnt.

„Wir haben Banken aufgerufen, ihre Cyber-Vorkehrungsmaßnahmen zu verstärken und sich mit einem möglichen Anstieg der Attacken und der künftigen Gefahr solcher Attacken zu beschäftigen.“ Durch Mobile Banking, institutsübergreifende digitale Prozesse oder die Einbindung von Drittanbietern entstehen immer mehr Angriffsmöglichkeiten. Zudem müssen Banken wegen strengen, gesetzlichen Vorgaben verstärkt in die Sicherheit ihrer IT-Systeme investieren und sensible Kundendaten schützen. Laut einer aktuellen Lünendonk-Studie sehen sich 92 Prozent der Finanzdienstleister in Deutschland gut gegen Cyberangriffe geschützt. Rund zwei Drittel der befragten Banken, Versicherungen und Vermögensverwaltungen sehen Ransomware, Phishing Mails, die Nutzung unautorisierter Geräte als größte Bedrohung, gefolgt von der Sorge vor DDoS-Attacken. Die Aufgabe, sich gegen die zunehmende Anzahl und Intelligenz der Cyberangriffe zu schützen, gleicht einer Sisyphusarbeit. Doch zeigen verschiedene Studien, dass Unternehmen in allen Branchen zwar immer mehr Geld in die IT-Security stecken, aber es bei technischen Werkzeugen belassen. Wer aber das Risiko senken will, braucht eine grundsätzliche Präventionsstrategie, muss die Mitarbeitenden aufklären und sensibilisieren sowie die vorhandenen IT-Systeme regelmäßig auf Schwachstellen überprüfen und Lücken sofort schließen. Laut Lünendonk-Studie überprüfen drei von zehn der untersuchten Finanzdienstleister den Cyber-Security-Status ihre IT-Systeme nicht.