Ein Blick auf die Zahlen einer aktuellen Umfrage des Bitkom verheißt nichts Gutes. Der IT-Verband prognostiziert Bankfilialen eine düstere Zukunft:
- Jeder achte Bundesbürger hat in den kommenden zwölf Monaten vor, zu einer reinen Onlinebank zu wechseln.
- Über 30 Prozent der Online-Banking-Kunden geht gar nicht mehr in eine Filiale.
- Und knapp die Hälfte der Befragten rechnet damit, dass Bankfilialen in 20 Jahren nicht mehr existieren werden.
Zugegeben: Dass Kunden ihre Finanzgeschäfte überwiegend online abwickeln, ist keine Überraschung. Mit der Digitalisierung hat sich auch das Verhältnis zwischen Kunden und ihrer Bank geändert. War der Bankschalter früher Dreh- und Angelpunkt für Überweisungen, Geldabhebung oder Anlageberatungen, läuft heute das meiste per Smartphone.
Trotzdem bietet die klassische Bankfiliale einen großen Pluspunkt, den 67 Prozent der Bundesbürger nach wie vor schätzen: die persönliche Beratung. Bei großen Investitionen, wie beim Hauskauf oder der Finanzanlage, fühlen sich Kunden sicherer, wenn sie mit einem Berater sprechen können, statt eigenständig online recherchieren zu müssen. Die Filiale kann also mit kompetenter Beratung punkten.
Auch wichtig: Räume, in denen sich Kunden wohlfühlen. Eine Atmosphäre wie in der Amtsstube hat niemand gern. Deshalb sollten bei der Raumgestaltung der Kunde und seine Bedürfnisse im Vordergrund stehen. So entsteht ein Ambiente, in dem Kunden entspannt ihre Bankangelegenheiten regeln können. In der Schweiz und in Belgien gibt es bereits die ersten Filialen mit Wohlfühl-Charakter.

Bank und Genuss verbinden
Doch wie schafft man solche Räumlichkeiten, die Kunden anlocken? Im Bankery in Gütersloh gehen seit 2011 Restaurant und Bankfiliale ineinander über. Bei einem Cappuccino oder einem Steak mit dem Bankberater sprechen? Ist hier möglich. Die Idee dahinter erklärt Dennis Will, Pressesprecher der Volksbank Bielefeld-Gütersloh: „Wir haben uns in Gütersloh strategisch neu ausgerichtet. Dazu gehörte auch die Erschließung neuer Geschäftsfelder – wie der Bereich Lifestyle. Um die Zielgruppe zu erreichen, eröffneten wir das Bankery, ein Restaurant im Herzen der Stadt mit gehobener Gastronomie und ansprechendem Ambiente im denkmalgeschützten Gebäude.“ Das Ziel: Bank und Genuss verbinden.

„Jetzt macht die Volksbank `ne Kneipe auf“, habe es zunächst geheißen. Trotzdem sei das Bankery gut angenommen worden. „Es war anfangs natürlich schwer, die Verbindung zur Bank herzustellen. Wir haben ständig optimiert, zwischenzeitlich unsere Präsenz auch mal zurückgefahren“, so Will. Heute beraten drei Bankmitarbeiter vor Ort. Neben dem klassischen Geldautomaten können sich Kunden am Banking-App-Stand über die Digitalangebote der Volksbank informieren. Das kommt an. „Auch Kollegen aus anderen Filialen nutzen das Bankery regelmäßig für Termine mit neuen Kunden. Die lockere Atmosphäre macht das Kennenlernen einfach entspannter“, erklärt Will.

Auf einen Kaffee in die Bank
Raum schaffen für Begegnungen, das wollte auch Moritz Stigler, Generalbevollmächtigter der Münchner Bank eG. Im Sommer wurde die Filiale im Zentrum der Landeshauptstadt umgestaltet. Weg vom unpersönlichen, automaten-dominierten Raum hin zu einem Marktplatz mit Kaffeebar. Die Idee der Genossenschaft sollte im Vordergrund stehen: „Unsere Mitglieder sollen sich bei uns wohlfühlen und erleben, dass sie Teil einer starken Gemeinschaft sind. Der Mensch steht im Mittelpunkt“, so Stigler. Das spiegelt sich auch in den Räumen wider: Die Filiale dominiert ein Tresen aus hellem Holz, an den Wänden hängen Werke junger Künstler der Münchner Meisterklasse und auf den Freiflächen können Geschäftskunden aus der Region ihr Unternehmen präsentieren.
Bei den Mitgliedern sind die Umbaumaßnahmen gut angekommen: Ob Shoppingpause oder Geschäftstermin – die Kunden schauen gern auf einen Kaffee in der Filiale vorbei. Eine kleine Spende wird für Cappuccino und Co. fällig, die Bankberatung gibt’s gratis obendrein – wenn gewünscht. Besonders begehrt ist die Freifläche: Dort können Mitglieder der Genossenschaftsbank ihre Arbeit vorstellen. „Für unsere Partner-Unternehmen aus dem Umland oder Start-ups, die sich keine teure Fläche in der Stadt leisten können, stellen wir diesen Marktplatz zur Verfügung“, erklärt Stigler. Bis zu zwei Wochen kann sich eine Firma dort präsentieren, dann ist die nächste dran. In diesem Jahr hat sich die Filiale bereits in eine Dirndl-Schneiderei, eine Fahrradsattel-Manufaktur und eine Zuckerbäckerei verwandelt.
Mehr Mensch, weniger Technik
Die Beispiele aus München und Gütersloh zeigen, wie Bankfilialen weiterhin bestehen können. „Das ist die Zukunft des Banking: Mehrwerte und Netzwerke für den Kunden zu schaffen“, sagt Moritz Stigler. Der direkte Austausch sorge für Verbundenheit, schaffe Vertrauen und rücke so die Bank als verlässlichen Partner in Finanzfragen ins Bewusstsein, so Stigler.

Für Dennis Will und Moritz Stigler sind die jeweiligen Initiativen ein Erfolg: Sie könnten Zielgruppen genauer adressieren, Hemmschwellen abbauen und die Sichtbarkeit der Marke verbessern. Beide betonen aber, dass die Konzepte kein Patentrezept für alle Filialen seien. „Am Stadtrand und auf dem Land sind die Anforderungen ganz anders, da sind traditionelle Geschäftsmodelle nach wie vor gefragt“, so Will. Und Stigler ergänzt: „Die technischen Anforderungen, Materialien und Kundenbedürfnisse werden sich immer wieder ändern, entsprechend müssen Bankfilialen auch in Zukunft angepasst werden.“
Neugierig, was die Zukunft des Bankings sonst noch bereithält?
Im Podcast spricht Sarah Ochs mit Sascha Beck, Leiter Produkt- und Portfoliomanagement bei der Fiducia & GAD. Er sagt: „Digitalisierung ist kein Zusatz, sondern die Basis, die funktionieren muss.“